Freitag, 19. April 2013

Der Rempler

Heute wurde ich angerempelt. Es fühlte sich an wie eine vorsätzlich begangene Rempeltat. Und es warf mich völlig aus der Bahn – in vielerlei Hinsicht.

Zunächst einmal brachte es mich durcheinander, weil ich gerade – friedlich wie immer – Hand in Hand mit meinem Verlobten auf dem Bürgersteig unterwegs war und gedanklich darin aufging, dass wir soeben die Hochzeitseinladungen zur Post gebracht hatten...WIE AUFREGEND! Und dann passierte es. Ich hatte es nicht kommen sehen, da der nämliche Täter von rechts aus dem Einkaufszentrum geeilt kam, vor uns den Weg kreuzte, um dann in einer viel zu engen Kurve an mir vorbei – oder besser: durch mich hindurch – zu stürmen. Es war ein bulliger, großer Mann mit Glatze und grimmigem Gesicht – und mit einer Schulter aus Stahl!

Mir ging augenblicklich die Luft aus und meine Schulter, die lediglich aus Knochen, Sehnen, Muskeln und Haut besteht, schmerzte sofort. Ich drehte mich um, um dem Rempler die Möglichkeit für eine Entschuldigung einzuräumen, musste jedoch feststellen, dass dieser keinen Anlass dazu sah. Stattdessen drehte er sich drohend nach mir um, zog wütend die Augenbrauen herunter und straffte die Schultern als wolle er mir sagen: "Wir können das gerne draußen klären!" – paradox, da wir ja draußen waren. Dann gab er ein lautes "Jaaaaaa!" von sich.

Shocking!

Eine halbe Millisekunde lang überlegte mein Unterbewusstsein, ob es den Lachmuskel aktivieren soll, weil die Szene so realitätsfremd und albern wirkte. Aufgrund der starken Aggressivität, die von meinem Gegenüber ausging, und seiner klaren körperlichen Überlegenheit entschied es sich allerdings dagegen. Ich drehte mich also schnell wieder weg und setzte meinen Weg fort, völlig verdattert aber immerhin unverprügelt. Doch auch jetzt bin ich noch erschüttert von so viel negativer Energie, die ein einzelner Mensch ausstrahlen kann. Richtig gruselig.

Und dann muss ich mich wiederum fragen: Warum wirft mich das so aus der Bahn? Wieso konnte ich mir nicht sagen: "So ein Idiot. Wo war ich?..." und das Gespräch fortführen?

Ich glaube es liegt daran, dass ich selbst niemals auf die Idee kommen würde, einen anderen Menschen derart in seinem perönlichen Sicherheitsbereich zu stören – mutwillig und aggressiv – und im Anschluss daran noch Streit zu suchen. Das hat sicher damit zu tun, dass ich die Wie-man-in-den-Wald-hineinruft-Lebenseinstellung absolut verinnerlicht habe und Menschen gerne so behandele, wie ich selbst behandelt werden möchte.

Das ist doch nicht so schwer, oder? Und genau genommen macht man sich selbst das Leben damit viel leichter. Wenn ich darüber nachdenke, sollte ich vielleicht Mitleid mit dem Rempler haben, weil er sich das Leben durch diese wütende Grundhaltung selbst schwer macht.

Aber ganz so weit geht meine Nächstenliebe nicht. Ich belasse es dabei, dass ich seine Wut und Aggression bei ihm lasse und mich selbst darauf freue, mit meinen zukünftigen Kindern die Welt um ein paar fröhliche, freundliche, optimistische und höfliche Menschen reicher zu machen.

Das Universum wird es mir danken.

Und wenn alle Stricke reißen, kann ich immernoch einen Selbstverteidigungskurs machen. ;)

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